Den modernsten Schwimmwettkampf in Deutschland schaffen – nicht weniger war unser Ziel. Über 12 Nationen folgten unserer Einladung und entstanden ist ein Event, das Nachwuchsschwimmer*innen und Zuschauer*innen nachhaltig vom Schwimmsport begeistert. Besondere Formate, wie ein Ausscheidungsrennen unter Pyro-Fontänen, machen die Swim Race Days im Dortmunder Südbad einzigartig.
Angefangen hat alles mit dem 28. internationalen Jugendschwimmfest des SV Westfalen Dortmund. Eine Traditionsveranstaltung, die sich noch nichtmals durch ihre Tradition von anderen Schwimmwettkämpfen abhieb. Die Meldezahlen waren dementsprechend schlecht und die Organisation für den Verein wenig lohnenswert. Wie können wir wieder eine attraktive Veranstaltung planen, auf die Schwimmer*innen Lust haben? Dieser Frage sind ehemalige und noch aktive Leistungsschwimmer*innen nach Einladung von ihrem Trainer Stefan Ryschawy nachgegangen.
Und so sind wir vorgegangen: Wir fragten uns, auf welche Wettkämpfe wir am liebsten gefahren sind und was sie so besonders gemacht haben. Besondere Finalläufe, besondere Preise, Internationalität, aber auch kleine Gimmicks wie Teilnehmerkarten gefielen uns. Um aber noch besser als diese Wettkämpfe zu sein, suchten wir uns Inspirationen aus anderen Branchen. Wir blickten auf Konzerte, auf Lauf-Events oder auf den Handel. Alles, was wir irgendwie adaptieren konnten, sammelten wir und wählten uns die passendsten Sachen raus. Uns war klar, dass wir irgendwie große Aufmerksamkeit erzeugen müssen, um nach den ersten 5 Jahren ausgebucht zu sein. Wir erreichten dieses Ziel direkt im zweiten Jahr.
Was die Swim Race Days so besonders machen:
Kurze Tage für Teilnehmende
Wenige Minuten schwimmen, viele Minuten warten – so laufen die meisten Wettkämpfe ab. Die Swim Race Days sollten anders sein und keine Langeweile aufkommen lassen. Welcher Schwimmer hat wirklich Lust, den ganzen Tag in der stickigen Schwimmhalle rumzusitzen? Durch die Trennung der Jahrgänge (vormittags die jüngeren, nachmittags die älteren) vermeiden wir unnötig lange Pausen der einzelnen Schwimmerinnen und Schwimmer.
Elimination Race
Keine Langeweile aufkommen lassen? Na gut, zwischendurch lässt es sich vielleicht im Schwimmsport nicht vermeiden, aber die Vorfreude auf das Wettkampf-Highlight kann man schonmal hochkochen lassen. Die jeweils acht schnellsten Schwimmerinnen und Schwimmer der 200 Meter Lagen treten im Elimination Race in vier 50 Meter-Läufen gegeneinander an. Alle Lagen werden geschwommen, die Reihenfolge wird ausgelost. In jedem Lauf scheiden zwei Schwimmerinnen und Schwimmer aus, sodass Zuschauer*innen im vierten Lauf ein Kopf-an-Kopf-Rennen erleben. Innerhalb einer guten Stunde sehen so auch unerfahrene Schwimm-Zuschauer*innen alle vier Lagen und können ohne Hintergrundwissen über die Schwimmer*innen trotzdem mitfiebern. Der Ausgang des Rennens ist selbst für „Profis“ unvorhersehbar, da die Reihenfolge der Lage über das Weiterkommen der Teilnehmenden entscheidet. Bereits im zweiten Jahr war das Finale der Männer maximal spannend – bis auf die hundertstel Sekunde schlugen die Finalisten zeitgleich an. Die abgedunkelte Schwimmhalle, ein digitales Glücksrad und Pyrotechnik pusten dem Elimination Race einen richtigen Event-Charakter an. Der Samstagabend ist damit verplant!
Das Team Race
Nach den ersten Jahren wollten wir die Swim Race Days noch um ein spannendes Format am Sonntagvormittag erweitern. Klassische Staffeln waren uns zu konventionell, also schauten wir, ob wir aus anderen Sportarten etwas umwandeln können, was auch in Teams funktioniert. Entstanden ist das Team Race, welches seinen Ursprung im Radsport hat: Vier Schwimmer*innen, mixed, starten auf ein Startsignal und schwimmen eng hintereinander. Nach 50 Metern steigt der*die erste Schwimmer*in eines jeden Teams aus, die verbleibenden drei Schwimmer*innen wenden und schwimmen in gleicher Reihenfolge hintereinander weiter Nach 100 Metern und 150 Metern wiederholt sich dieser Vorgang, sodass auf den letzten 50 Metern das Team Race durch die letzten Schwimmer*innen der Teams entscheiden wird. Während des Rennens darf innerhalb des Teams nicht überholt werden; die Hände eines*einer jeden*jeder Schwimmers*in müssen bis zum Anschlag hinter den Füßen des*der vorderen Schwimmers*in bleiben.
Besondere Preise
Emotional wurde es auch immer am Sonntag kurz vor Ende der Veranstaltung. Die Olympiasiegerin von 1954 über 200 Meter Brust, Ursula Happe, kam persönlich vorbei und überreichte der besten Brustschwimmerin und dem besten Brustschwimmer den ihr gewidmeten Pokal. Im Frühjahr 2021 ist sie leider mit stolzen 94 Jahren verstorben.
Die Medaillen in Form der Dortmunder Stadt-Silhouette haben bei den Swim Race Days noch einen Wert, genau wie die Siegerehrungen, für die extra Pausen eingelegt werden und die auf einem erhöhten Podest mit Sponsorenwand stattfinden.
Die Internationalität
Besonders macht einen Wettkampf vor allem auch das Teilnehmerfeld. Mit Schwimmer*innen aus der Region misst man sich häufig, selten aber mit Schwimmer*innen aus dem Ausland. Wie bekommt man also möglichst internationale Vereine nach Dortmund gelockt? Wir machten das vor allem mit einer emotional gestalteten Ausschreibung, die wir auch auf Englisch übersetzt haben. Auch die Website haben wir neben einer .com-Domain auch durch Übersetzungen für ausländische Vereine optimiert. Wir haben Tipps gegeben, welche Flughäfen und Zugverbindungen in der Nähe sind und wie man in der Nähe des Schwimmbades ein passendes Hotel findet. Diese Infos verschickten wir an E-Mail-Adresse von Schwimmvereinen, die wir im Internet gefunden haben. Außerdem starteten wir einen Instagram-Kanal, füllten sie mit Fotos, die am besten unser Event beschreiben und folgten allen möglichen Accounts von Schwimmer*innen aus der ganzen Welt. Und der Erfolg bestärke unser Vorgehen: Im zweiten Jahr besuchten uns bereits Vereine aus 7 Nationen, im dritten Jahr waren es schon 12 Nationen. Sogar ein Jugendteam der Nationalmannschaft von Qatar flog extra für die Swim Race Days nach Deutschland.
Die Liebe zum Detail
Nicht zu unterschätzen sind die kleinen Details, die einen Unterschied zu anderen Events machen. Wir hatten davon einige, wobei nicht alle notwendig waren. Aber oft steckt in solchen Details viel Wille von ehrenamtlich Engagierten drin, die damit Sachen ausprobieren und ausleben können, was sie woanders eventuell nicht tun können. Hilfreich sind vor allem die personalisierten Teilnehmerkarten, die professionell gedruckt und mit Lanyard ausgegeben werden. Sie erhalten bei den Swim Race Days aber nicht nur den Namen, sondern auch alle gemeldeten Wettkämpfe mit Lauf und Bahn.
Geschwisterkinder freuen sich immer über eine Spielecke und ein wenig Begleitprogramm. Die daheimgebliebenen Großeltern schauen sich ihr Enkelkind über den Livestream an und erkennen es sogar durch eingeblendete Namen, Zeiten und durch den Ton des Sprechers.
Helfer-Shirts, Teilnehmer-Shirts, Badekappen und immer ein freundliches Lächeln aller Helfer*innen gehören genauso dazu wie ein reibungsloser Ablauf der Veranstaltung.
Was floppte:
Bis zuletzt versuchten wir mit einer After-Race-Party die Vereine noch etwas im Bad zu behalten, um Kontakte herzustellen. Das Essensangebot kam bei den weiter angereisten Mannschaften zwar gut an, doch ein Austausch zwischen den Vereinen entstand selten.
Auch der eigene Anspruch an das Event kann schnell zum Verhängnis werden. Wir wollten zum Beispiel die Show um das Elimination Race immer spektakulärer machen. Der Aufbau für das Traversen-System und die Technik drumherum wurden beim letzten Mal aber so aufwendig, dass beinahe die Zeit nicht gereicht hätte.
Für 2022 haben wir uns vorgenommen, den Technikaufwand wieder etwas zurückzudrehen, doch auch dieses Event wird der Coronapandemie zum Opfer fallen.